„Wir nähern uns dem 48. Tag des Bodens, und es besteht kein Zweifel daran, dass der 30. März in diesem Jahr unter einem ganz anderen Stern stehen wird: Die Palästinenser in Gaza werden getötet und ausgehungert, und das seit fast sechs Monaten, in denen der Gazastreifen systematisch zerstört wurde. Israel hat die zivile Infrastruktur angegriffen, darunter Wohnhäuser, Krankenhäuser, Schulen, Gotteshäuser sowie staatliche und nichtstaatliche Einrichtungen. Auch die Gebäude des UNRWA wurden angegriffen und zerstört. Der Gazastreifen ist im wahrsten Sinne des Wortes unbewohnbar.“
Dr. Amira Abo elFetouh
„In weniger als sechs Monaten hat Israel den Gazastreifen zerstört und die gesamte zivile Infrastruktur und die landwirtschaftlichen Flächen ausgelöscht oder schwer beschädigt.“
Francesca Albanese, UN-Sonderberichterstatterin
Am 30. März 2024, gedenken wir dem Tag des Bodens (arabisch Yoom al Ard).
Der Tag des Bodens geht auf ein Ereignis im Norden Israels aus dem Jahr 1976 zurück. Bei Protesten gegen die Enteignung durch die israelische Regierung von 20,000 Dunum Land rund um palästinensische Dörfer in Galiläa wurden sechs israelische PalästinenserInnen, drei Männer und drei Frauen, erschossen und mehr als hundert PalästinserInnen verletzt. Jedes Jahr versammelte sich seither am 30. März die palästinensische Bevölkerung in Israel und in den besetzten palästinensischen Gebieten, um an diese Ereignisse zu erinnern und um auf Israels weiterhin andauernde Besatzung, Siedlerkolonialismus und Landannexion aufmerksam zu machen.
Der Tag des Bodens brachte eine signifikante Änderung in der Geschichte der in Israel lebenden PalästinenserInnen mit sich. Durch ihn wurden sie zu einer wahrnehmbaren politischen und sozialen Kraft, die nicht länger von Israel ignoriert werden konnte. Der Tag des Bodens verdeutlichte ihre palästinensische Identität und ihren politischen Kampf für Gerechtigkeit und Gleichheit sowie gegen Unterdrückung und Besatzung.
Der Tag des Bodens ist auch im Jahr 2024 aktueller denn je. Abseits der Katastrophe in Gaza, die bereits als eine neue Nakba gilt, wird der israelische Siedlungsbau weiterhin vorangetrieben, nach wie vor wird palästinensisches Land enteignet und der palästinensischen Bevölkerung somit nicht nur Grund und Boden, sondern auch wertvolle Ressourcen, wie beispielsweise Wasser, genommen. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Israel 800 Hektar Land im Westjordanland völkerrechtswidrig annektiert, es handelt sich dabei um den größten Raub von Land in den palästinensischen Gebieten seit den Oslo-Abkommen von 1993.
Die israelische Siedlungspolitik gilt nicht nur als völkerrechtswidrig, sondern auch als eine der Haupthindernisse für einen gerechten Frieden. In mehr als fünf Jahrzehnten der Besatzung haben sich so über 196 von Israel angelegte Siedlungen im Westjordanland und Ostjerusalem auf palästinensischem Land entwickelt, hinzukommen über 200 Siedler-Außenposten. Heute leben über 750 000 israelische SiedlerInnen in Ostjerusalem und im Westjordanland. Das Vorantreiben des für den israelischen Staat lukrativen Siedlungsbaus geht immer einher mit der Enteignung von palästinensischem Land und betrifft vor allem fruchtbare Regionen in den palästinensischen Gebieten.
Nicht zuletzt ist die israelische Siedlungspolitik, wie auch von den drei Menschenrechtsorganisationen B’Tselem (Jänner 2021), Human Rights Watch (April 2021) und Amnesty International (Februar 2022) bestätigt, eng mit der israelischen Apartheidpolitik verknüpft, mit all ihren gravierenden Auswirkungen auf die palästinensische Zivilbevölkerung.
„Der fortwährende Landraub von Seiten Israels lässt keinen Zweifel daran, dass es sich bei der israelischen Besatzung nicht um eine militärische handelt, sondern um eine siedlerkolonialistische“, so Botschafter Salah Abdel Shafi. „Zudem zeigt der seit nun sechs Monaten andauernde Völkermord in Gaza, dass das geraubte Land auch ethnisch gesäubert wird – Israel will Land und Boden ohne dessen ursprüngliche Bewohnerinnen und Bewohner.“
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