Neuer UN-Bericht: Israelische Angriffe auf pädagogische, religiöse und kulturelle Stätten stellen Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Menschlichkeit dar
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- 11. Juni
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Israel hat das Bildungssystem des Gazastreifens ausgelöscht und mehr als die Hälfte aller religiösen und kulturellen Stätten im Gazastreifen zerstört. Dies ist Teil eines weit verbreiteten und unerbittlichen Angriffs auf das palästinensische Volk, bei dem die israelischen Streitkräfte Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Ausrottung gegen die Menschlichkeit begangen haben, so die Unabhängige Internationale Untersuchungskommission der Vereinten Nationen für die besetzten palästinensischen Gebiete, einschließlich Ost-Jerusalem und Israel, in einem heute veröffentlichten Bericht.
Presse-Statement von United Nations Human Rights Council, 10. Juni 2025
Vollständiger Bericht in englischer Sprache
Während die Kommission der Lage im Gazastreifen besondere Aufmerksamkeit widmete, konzentriert sich der Bericht auf die Angriffe in den besetzten palästinensischen Gebieten insgesamt und in Israel.
„Wir sehen immer mehr Anzeichen dafür, dass Israel eine konzertierte Kampagne durchführt, um das palästinensische Leben in Gaza auszulöschen“, so Navi Pillay, Vorsitzende der Kommission. „Israels gezielte Angriffe auf das bildungspolitische, kulturelle und religiöse Leben des palästinensischen Volkes schaden den heutigen und künftigen Generationen und behindern ihr Recht auf Selbstbestimmung.“
Die Kommission stellte fest, dass Israel durch Luftangriffe, Beschuss, Brandstiftung und kontrollierte Zerstörungen mehr als 90 Prozent der Schul- und Universitätsgebäude im Gazastreifen beschädigt und zerstört hat, wodurch die Bildung von Kindern und Jugendlichen und der Lebensunterhalt von Lehrer*innen unmöglich gemacht wurden. Über 658.000 Kinder im Gazastreifen haben seit 20 Monaten keine Schule mehr besucht.
Die israelischen Streitkräfte haben bei ihren Angriffen auf Bildungseinrichtungen, die Opfer unter der Zivilbevölkerung forderten, Kriegsverbrechen begangen, darunter gezielte Angriffe auf Zivilist*innen und vorsätzliche Tötung. Mit der Tötung von Zivilist*innen, die sich in Schulen und religiösen Stätten aufhielten, begingen die israelischen Sicherheitskräfte das Verbrechen der Ausrottung gegen die Menschlichkeit.
Die Kommission dokumentierte und untersuchte mehrere Fälle, in denen israelische Streitkräfte Bildungseinrichtungen in Brand setzten und zerstörten, wobei sie zu dem Schluss kam, dass dies vorsätzlich und unnötig war. Israelische Soldaten nahmen Videos auf und verbreiteten sie, in denen sie Palästinenser*innen und das palästinensische Bildungswesen verhöhnen, bevor sie Schulen und Universitäten zerstörten. Nach Ansicht der Kommission sind solche Handlungen ein Hinweis auf die Absicht der israelischen Sicherheitskräfte, diese Einrichtungen zu zerstören, um den Zugang der Palästinenser*innen zur Bildung langfristig zu behindern.
Die Kommission fand auch erhebliche Beweise dafür, dass israelische Sicherheitskräfte Bildungseinrichtungen beschlagnahmt und als Militärbasen oder Aufenthaltsgebiete für militärische Aktivitäten genutzt haben, einschließlich der Umwandlung eines Teils des Al-Mughraqa-Campus der Al-Azhar-Universität in eine Synagoge für die Truppen. Die Kommission fand einen Fall, in dem der militärische Flügel der Hamas eine Schule für militärische Zwecke genutzt hat. Ein solches Verhalten verstößt gegen die Bestimmung des humanitären Völkergewohnheitsrechts, wonach Konfliktparteien zwischen zivilen Objekten und militärischen Zielen zu unterscheiden haben.
Im Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, leidet das Bildungssystem unter den zunehmenden Militäroperationen der israelischen Armee, der Schikanierung von Schüler*innen und der Zunahme von Checkpoints, Zerstörungen und Siedlerangriffen, von denen mehr als 806.000 palästinensische Schüler*innen betroffen sind. Israel hat wenig unternommen, um Siedler, die absichtlich Bildungseinrichtungen und Schüler*innen angreifen, um Gemeinschaften zu terrorisieren und sie zu zwingen, ihre Häuser zu verlassen, zu verhindern oder strafrechtlich zu verfolgen.
Die israelischen Behörden haben auch israelische und palästinensische Lehrkräfte und Student*innen in Israel ins Visier genommen, die ihre Besorgnis oder Solidarität mit der Zivilbevölkerung im Gazastreifen zum Ausdruck brachten, was zu Schikanen, Entlassungen oder Suspendierungen und in einigen Fällen zu demütigenden Festnahmen und Inhaftierungen führte. Die israelischen Behörden haben insbesondere weibliche Lehrkräfte und Studentinnen ins Visier genommen, um Frauen und Mädchen davon abzuhalten, sich an öffentlichen Plätzen zu engagieren.
„Die Kinder in Gaza haben ihre Kindheit verloren. Da sie keine Bildung erhalten, sind sie gezwungen, inmitten von Angriffen, Unsicherheit, Hunger und unmenschlichen Lebensbedingungen um ihr Überleben zu kämpfen", so Pillay. „Besonders beunruhigend ist, dass die Angriffe auf Bildungseinrichtungen weit über den Gazastreifen hinausgehen und alle palästinensischen Kinder betreffen.“
Bei Angriffen der israelischen Sicherheitskräfte wurde mehr als die Hälfte aller religiösen und kulturellen Stätten im Gazastreifen zerstört. Dies ist Teil einer breit angelegten Kampagne zur Zerstörung ziviler Ziele und der Infrastruktur durch Luftangriffe und Granatenbeschuss. Die israelischen Angriffe richteten sich auch gegen religiöse Stätten, die als Zufluchtsorte dienten, wobei Hunderte von Menschen, darunter Frauen und Kinder, getötet wurden. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die israelischen Sicherheitskräfte die Standorte und die Bedeutung der wichtigen kulturellen Stätten im Gazastreifen kannten oder hätten kennen müssen und alle militärischen Operationen so hätten planen müssen, dass kein Schaden entsteht.
Alle zehn von der Kommission untersuchten religiösen und kulturellen Stätten im Gazastreifen waren zum Zeitpunkt des Angriffs zivile Objekte und erlitten verheerende Zerstörungen, für die die Kommission keine legitime militärische Notwendigkeit erkennen konnte. Die Artefakte wurden zerstört, entfernt oder geplündert.
Im besetzten Westjordanland, einschließlich Ostjerusalem, stellte die Kommission fest, dass sich die israelischen Behörden Stätten des kulturellen Erbes, die palästinensische, jüdische und andere Kulturen repräsentieren, angeeignet, erschlossen und davon profitiert haben, palästinensische Bewohner*innen von diesen Stätten vertrieben und den Zugang der Palästinenser*innen zu diesen Stätten blockiert oder stark eingeschränkt haben.
In Ostjerusalem haben die häufigen militärischen Übergriffe, Verhaftungen und Schikanen gegen Gläubige und religiöse Persönlichkeiten im Haram al-Sharif/Tempelberg zu einer starken Einschränkung der Religionsfreiheit geführt und bei mehreren Gelegenheiten einen größeren Konflikt ausgelöst. Die israelischen Behörden schränkten den Zugang palästinensischer Gläubiger zu der Stätte ein, während sie jüdischen Gläubigen vermehrt Zugang gewährten. Die Kommission betont, dass einige Maßnahmen der israelischen Sicherheitskräfte an der Stätte zwar mit Sicherheitsgründen in Verbindung gebracht werden können, jedoch im breiteren Kontext der illegalen israelischen Besatzung, der Siedlungstätigkeit und der Unterstützung von Siedler*innen sowie der Aushöhlung des Status quo betrachtet werden sollten. Das Vorgehen Israels unterliegt dem Besatzungsrecht, der Verpflichtung der Besatzungsmacht, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten, sowie den internationalen Menschenrechtsvorschriften über die Anwendung von Gewalt, die notwendig und verhältnismäßig sein muss.
„Angriffe auf kulturelle und religiöse Stätten haben tiefgreifende Auswirkungen auf die immaterielle Kultur, wie religiöse und kulturelle Praktiken, Erinnerungen und Geschichte“, so Pillay. „Die gezielte Zerstörung von Kulturerbe-Stätten, die Einschränkung des Zugangs zu diesen Stätten im Westjordanland und die Auslöschung ihrer heterogenen Geschichte untergraben die historischen Bindungen der Palästinenser*innen an ihr Land und schwächen ihre kollektive Identität.“
In ihren Empfehlungen fordert die Kommission die israelische Regierung nachdrücklich auf, die Angriffe auf kulturelle, religiöse und Bildungseinrichtungen sowie die Beschlagnahmung und militärische Nutzung solcher Einrichtungen unverzüglich einzustellen, die rechtswidrige Besetzung palästinensischer Gebiete zu beenden und alle Siedlungspläne und -aktivitäten einzustellen, einschließlich derjenigen, die in religiösen und kulturellen Stätten durchgeführt werden oder diese gefährden, und den vom Internationalen Gerichtshof angeordneten vorläufigen Maßnahmen in vollem Umfang nachzukommen.
Die Kommission fordert die Regierung des Staates Palästina auf, den Schutz, die Erhaltung und die Entwicklung von Kulturerbe-Stätten, einschließlich derjenigen, die nichtpalästinensisches Erbe darstellen, zu gewährleisten und Artefakte zu sichern. Die Kommission fordert die De-facto-Behörden im Gazastreifen auf, keine zivilen Gegenstände mehr für militärische Zwecke zu verwenden.

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