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Die Hungersnot im Gazastreifen dürfte sich verschärfen, da Israel die Waffen-Pausen für Hilfslieferungen beendet

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  • 4. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

Das israelische Militär kündigt Maßnahmen in Gaza-Stadt an, während es seine Angriffe vor der geplanten Offensive verstärkt.

Von William Christou und Emma Graham-Harrison, The Guardian, 29. August 2025

(Originalbeitrag in englischer Sprache)

 

Das israelische Militär wird die Kämpfe nicht mehr unterbrechen, um Hilfslieferungen in Gaza-Stadt zu ermöglichen, wie ein Militärsprecher mitteilte. Diese Entscheidung wird die Hungersnot, die bereits den Norden des Gebiets erfasst hat, noch weiter verschärfen.


Die israelischen Streitkräfte haben ihre Angriffe in und um Gaza-Stadt verstärkt, während sich das Militär auf eine Bodenoffensive vorbereitet, die laut Warnungen von humanitären Organisationen und vielen der engsten Verbündeten Israels katastrophale Folgen für Hunderttausende palästinensischer Zivilist*innen haben wird, die bereits jetzt mit Hunger, Krankheiten und israelischen Angriffen zu kämpfen haben.

Das Gesundheitsministerium in Gaza teilte am Freitag mit, dass in den vergangenen 24 Stunden fünf Menschen an Unterernährung starben und 59 weitere durch israelische Angriffe getötet wurden.

In einer Erklärung auf X (Twitter) kündigten die israelischen Streitkräfte an, dass die „lokale taktische Pause” ab Freitagmorgen nicht mehr für Gaza-Stadt gelten werde. Die gesamte Stadt gelte nun als „gefährliche Kampfzone”, so das Militär, obwohl Israel keine Evakuierung der Zivilbevölkerung angeordnet hat.

Etwa 80 % von Gaza stehen unter Evakuierungsbefehl, wobei die Zivilbevölkerung auf nur einem Fünftel der Gesamtfläche zusammengepfercht ist. Selbst diese Gebiete sind nicht sicher, da israelische Angriffe auch Gebiete treffen, die als „humanitäre Zonen” ausgewiesen sind.


Das israelische Militär bezeichnete die derzeitigen Angriffe als „Anfangsphase“ einer geplanten Operation, obwohl sich die Militärchefs Berichten zufolge nach fast zwei Jahren Krieg immer noch mit Premierminister Benjamin Netanjahu darüber streiten, ob das Militär in der Lage ist, seine Befehle auszuführen.

Ebenfalls am Freitag gab das israelische Militär bekannt, dass es die Überreste des 55-jährigen Geisels Ilan Weiss und eines weiteren namentlich nicht genannten Geisels geborgen habe. Weiss wurde bei dem Angriff am 7. Oktober getötet und seine Leiche nach Gaza gebracht.


Nach internationalem Druck wegen der Hungersnot in Gaza erklärte Israel im vergangenen Monat, es werde die Kämpfe jeden Tag für einige Stunden unterbrechen, damit mehr Lebensmittelkonvois die Gemeinden in Gaza erreichen können. Israel lockerte auch seine Blockade für Hilfslieferungen leicht, aber die neuen Maßnahmen reichten nur aus, um die Hungersnot in Gaza-Stadt zu verlangsamen, nicht aber, um sie aufzuhalten.


Israelische Panzer sind in die Außenbezirke der Stadt vorgedrungen, und das einst noble Stadtviertel Zeitoun wurde in den letzten Wochen dem Erdboden gleichgemacht.


Die militärische Eskalation erfolgt, obwohl Vermittler sagen, dass die Hamas einem vorgeschlagenen Teil-Waffenstillstandsabkommen zugestimmt hat, dessen Bedingungen Israel zuvor akzeptiert hatte.

Umfragen zeigen auch, dass die meisten Israelis ein Ende des Krieges im Austausch für die Freilassung der Geiseln befürworten, und es gibt heftige Kritik im Inland an der geplanten Operation von vielen Seiten, die warnen, dass sie die noch lebenden Geiseln gefährden und den erschöpften Soldaten schwer zusetzen würde.


Ein Waffenstillstand würde jedoch Netanjahus fragile Koalition gefährden, da die rechtsextremen Partner angekündigt haben, sie würden austreten, wenn die Kämpfe eingestellt würden. Der Premierminister erklärt, die Operation zur vollständigen militärischen Kontrolle über Gaza-Stadt sei notwendig, um die Hamas zu besiegen. Ein Sprecher des israelischen Militärs hatte zuvor erklärt, die bevorstehende Operation bedeute, dass die Zwangsvertreibung aller Palästinenser*innen in Gaza-Stadt, wo derzeit etwa die Hälfte der Bevölkerung Gazas lebt, „unvermeidlich“ sei.


Etwa 23.000 Palästinenser*innen hätten Gaza-Stadt in der vergangenen Woche bereits verlassen, teilte die UNO am Donnerstag mit, da die Menschen in Erwartung einer erneuten Offensive flohen. Viele weigern sich jedoch, das Gebiet zu verlassen. In den kleinen Teilen des südlichen Gazastreifens, für die keine Evakuierungsanordnung gilt, ist kaum Platz für weitere Menschen, und viele Menschen wurden auf dem Weg zu vermeintlich sicheren Zonen oder dort selbst getötet.


Auswirkungen der extremen Hungersnot sind auch, dass viele Menschen in Gaza-Stadt Schwierigkeiten hätten, die Reise zu Fuß zu bewältigen. Es gibt nur noch sehr wenige Fahrzeuge oder sogar Tiere für den Transport. Hilfsorganisationen gaben an, dass sie nicht vorab über die Ankündigung Israels am Freitag informiert worden seien, während das Gesundheitsministerium in Gaza erklärte, es verfüge nicht über die Ressourcen, um die gesamte Bevölkerung zu versorgen, falls alle Einwohner*innen der Stadt gezwungen würden, sich in den Süden zu begeben.


Die Ankündigung Israels löste Empörung in europäischen Ländern aus. Die Außenminister Islands, Irlands, Luxemburgs, Norwegens, Sloweniens und Spaniens verurteilten die Offensive und die Pläne, eine dauerhafte Präsenz in Gaza-Stadt zu etablieren.


Die Holy Family Church in Gaza-Stadt teilte der Associated Press am Freitag mit, dass die etwa 440 Menschen, die in der Kirche Zuflucht gesucht hatten, sowie die Geistlichen die Kirche nicht verlassen würden. Anfang der Woche hatten religiöse Autoritäten in Gaza erklärt, dass eine Flucht für viele der schwachen und unterernährten Menschen, die in Kirchen Zuflucht gesucht hatten, einem „Todesurteil“ gleichkäme.


Während die israelische Armee erklärte, sie bereite sich auf die Offensive vor, hat das Militär Schwierigkeiten, Soldaten zu mobilisieren. Laut Israeli Army News hat die Armee die Ausbildungszeit für neue Reservisten, die zum Fahren von Panzern eingeteilt wurden, um die Hälfte gekürzt. Hochrangige Offiziere beklagten, dass dies nicht ausreiche, um neue Soldaten angemessen auszubilden.

Am Freitag diskutierte die israelische Generalstaatsanwaltschaft darüber, ob die Regierung befugt ist, Wehrdienstverweigerer an Israels Grenzübergängen festzunehmen.


Trotz des wachsenden Drucks aus dem Ausland und aus dem Inland haben sich israelische Regierungsvertreter nicht auf den jüngsten Waffenstillstandsvorschlag der Hamas eingelassen. Der US-Gesandte Steve Witkoff sagte, er gehe davon aus, dass der Krieg bis Ende des Jahres beendet sein werde, also weit über den Zeitplan hinaus, innerhalb dessen die Offensive auf Gaza-Stadt stattfinden soll.

 

 

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