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Illusion der Rechenschaftspflicht - Wie Israel seine Kriegsverbrechen in Gaza vertuscht

  • office16022
  • 6. Aug.
  • 2 Min. Lesezeit

Sie kennen diese Sätze sicher – am Ende von Beiträgen sind oft die Repliken der israelischen Armeesprecher zu lesen: „Das israelische Militär erklärte, es untersuche den Vorfall“ oder „Die israelische Armee ist dem Völkerrecht verpflichtet und Vorwürfe der Verletzung von Gesetzen und Befehlen werden von den autorisierten Mechanismen der israelischen Armee gründlich geprüft", oder „Die Behauptung, dass infolge des Treffers unbeteiligte Zivilist*innen zu Schaden gekommen sind, wird derzeit geprüft“, oder „Der Vorfall wird derzeit untersucht“.


Aber was passiert eigentlich mit den vielen „Überprüfungen“ und „Untersuchungen“?


Am 2. August 2025 erschien dazu ein Bericht der Organisation Action on Armed Violence (AOAV). Dieser hat ergeben, dass fast neun von zehn militärischen Ermittlungen der israelischen Armee zu Vorwürfen von Kriegsverbrechen oder Misshandlungen durch ihre Soldaten seit Beginn des Krieges im Gazastreifen ohne Feststellung eines Fehlverhaltens eingestellt wurden oder ungelöst bleiben. Israel schließt 88 % der Fälle mutmaßlicher Kriegsverbrechen oder Misshandlungen ohne Anklage. Und selbst wenn es zu einer Anklage kommt, heißt dies nicht, dass es auch zu einer Verurteilung kommt - in allen untersuchten Fällen endete nur einer (<2 %) mit einer Freiheitsstrafe für den Angeklagten.


Diese Untersuchungen wurden von den israelischen Streitkräften nur bei den schwerwiegendsten oder öffentlich bekannt gewordenen Vorwürfen von Fehlverhalten ihrer Truppen eingeleitet. Angesichts dieser Tatsache und des Ausmaßes der zivilen Opfer in Gaza widerspricht diese Praxis der Straflosigkeit den wiederholten Behauptungen der israelischen Armee, dass ihre Operationen den Standards des humanitären Völkerrechts entsprechen.

Dieses Versagen, Gerechtigkeit walten zu lassen, wurde bereits in früheren Berichten festgestellt. Nach Angaben der israelischen Menschenrechtsorganisation Yesh Din hat Israels wichtigste Ermittlungsbehörde für mutmaßliche Kriegsverbrechen (der General Staff Mechanism for Fact-Finding Assessments oder FFA Mechanism) durchweg dazu gedient, Fehlverhalten zu vertuschen, anstatt es aufzudecken.


Ein Ende Juli 2024 veröffentlichter Bericht von Yesh Din zeigt auf, dass die Hauptaufgabe des israelischen militärischen Strafverfolgungssystems darin besteht, den Anschein einer internen Rechenschaftspflicht aufrechtzuerhalten, um sich vor externer Kritik zu schützen. Yesh Din-Mitarbeiter Dan Owen spricht dabei von einer „Illusion der Rechenschaftspflicht“ und stellt in seiner Studie fest, dass „von fast 600 Vorfällen im Gazastreifen in den letzten zehn Jahren, die den Verdacht auf Gesetzesverstöße aufkommen ließen und deren Ergebnisse bekannt sind, nur drei Ermittlungen – also genau eine pro Militäroffensive - zu Anklagen führten. Selbst in diesen seltenen Fällen bleibt die Beschönigung zentraler Bestandteil der Taktik des Militärs, wodurch die Täter einer harten Bestrafung entgehen.“


Action on Armed Violence (AOAV) stellt in seinem Bericht fest:

„Insgesamt, so scheint es, ist Israels System der Selbstuntersuchung von Kriegsverbrechen kaum mehr als ein politisches Theater. Es dient als Bollwerk gegen internationale Kontrolle und schützt das Land vor externen Untersuchungen, einschließlich denen des Internationalen Strafgerichtshofs. In der Praxis scheinen diese Untersuchungen jedoch weniger darauf ausgerichtet zu sein, Gerechtigkeit zu wahren, als vielmehr die institutionelle Legitimität zu schützen.“


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Zum Weiterlesen:

88% of Israeli investigations into recent Gaza abuse allegations stalled or closed without findings, with just one leading to criminal sentencing

Von Iain Overton and Lucas Tsantzouris, 2. August 2025

 

Bericht von Yesh Din: Wie Israel seine Kriegsverbrechen in Gaza vertuscht

Die israelische Armee nutzt den Anschein einer internen Rechenschaftspflicht, um Kritik von außen abzuwehren. Doch ihre Bilanz zeigt, wie wenig die Täter bestraft werden.

Von Dan Owen, 24. Juli 2024, 972Mag in Kooperation mit Local Call


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