Israelische Armee bombardiert Nasser-Spital und tötet mit Doppelschlag ('double tap') 20 Zivilist*innen, darunter Ersthelfer und fünf Journalist*innen
- office16022
- 26. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
„Verletzte sind kein legitimes Ziel.
Journalist*innen sind kein legitimes Ziel.
Ersthelfer sind kein legitimes Ziel.
Zivilist*innen sind kein legitimes Ziel.
Die israelischen Streitkräfte töteten alle vier – in einem Krankenhaus. Es wurde live übertragen.
Niemand kann sagen: „Wir wussten es nicht.““
Jonathan Whittall, Leiter des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) in den besetzten palästinensischen Gebieten, 25. August 2025
„Viele meiner Kollegen berichten jetzt über den Anschlag und berichten über diesen Angriff, genau wie ich. Und zum ersten Mal fehlen uns die Worte, denn unsere Kolleg*innen wurden live auf Sendung getötet.“
Hind Khoudary, palästinensische Journalistin, 25. August 2025
„Es ist höchste Zeit, dass große Medienhäuser ihren Kolleg*innen in Gaza zur Seite stehen. Es spricht vieles dafür, israelische Regierungs- und Militärvertreter grundsätzlich aus Rundfunk und Printmedien zu verbannen, bis sie die Presse nach Gaza lassen: „Wir werden Ihre Aussagen nicht senden oder verwenden, bis Sie uns hineinlassen, damit wir uns selbst ein Bild machen können.“ Keine Regierungssprecher, keine Sprecher der israelischen Streitkräfte im Fernsehen, keine großen Erklärungen von ihnen, in denen sie allem widersprechen. In den Medien sollte kein Platz sein für Aussagen wie „Es gibt keine Hungersnot in Gaza“ oder „Die Hamas stiehlt die Hilfsgüter“, bis Israel die Medien einreisen lässt, und zwar nicht zu einer inszenierten Show der israelischen Streitkräfte. Sondern lasst sie einreisen und erlaubt ihnen, unabhängig zu berichten.“
Arwa Damon, ehemalige CNN-Korrespondentin und heute Leiterin der Hilfsorganisation INARA, in Columbia Journalism Review, 19. August 2025
„Israel, das über eine der modernsten Streitkräfte der Welt verfügt, möchte Ihnen weismachen, dass es ein Krankenhaus bombardiert hat, dann auf das Eintreffen von Sanitätern und Journalist*innen gewartet und es erneut bombardiert hat – alles aus Versehen.
Nur ein weiterer unglücklicher Fehler einer Armee, die bewiesen hat, dass sie mit äußerster Präzision operieren kann, wenn sie will.
Wenn Sie glauben, dass dies ein Fehler war – wenn Sie glauben, dass Hunderte ähnlicher Vorfälle Versehen waren –, dann sind Sie Lichtjahre über eine Gehirnwäsche hinaus.“
Jesse Mechanic, amerikanischer Kolumnist, Essayist und Künstler; 25. August 2025
„Ghaith, du bist das Herz und die Seele deiner Mutter. Ich möchte, dass du für mich betest und nicht um mich weinst, damit ich glücklich bleiben kann. Ich möchte, dass du mich immer stolz machst, hart arbeitest, dich auszeichnest und tüchtig bist. Ich möchte, dass du erfolgreich wirst, mein liebster Sohn.
Mein Lieber, ich hoffe, dass du mich nie vergisst. Alles, was ich getan habe, habe ich nur getan, um dich glücklich zu machen, damit du fröhlich und zufrieden bist und damit ich dir alles bieten kann. Und wenn du erwachsen bist, heirate und bekomme eine Tochter – und nenne sie Maryam, nach mir.
Du bist meine Liebe, mein Herz, meine Stütze, meine Seele und mein Sohn, auf den ich so stolz bin. Ich werde mich immer freuen, wenn ich von deinem guten Ruf höre. Ich bitte dich um eines, Ghaith: dein Gebet, dein Gebet und dann noch einmal dein Gebet, mein Lieber.“
Die letzte Nachricht von Mariam Abu Daqqa, palästinensische Fotojournalistin, die am 25. August 2025 bei der israelischen Bombardierung des Nasser-Krankenhauses getötet wurde, an ihren einzigen Sohn Ghaith.
Gestern griff die israelische Armee das Nasser Krankenhaus an und tötete dabei nicht nur Zivilist*innen und Krankenhauspersonal, sondern auch Ersthelfer und fünf Journalist*innen.
Insgesamt wurden mindestens 20 Menschen bei den Angriffen getötet – viele weitere werden noch aufgrund der nicht ausreichenden medizinischen Versorgung an ihren Verletzungen sterben.
Israel tötete die Menschen mittels eines sogenannten Doppelschlages („double tap“). Ein Doppelschlag besteht aus zwei aufeinanderfolgenden Angriffen, wobei der zweite speziell darauf abzielt, diejenigen zu treffen, die als Erste am Tatort eintreffen: Sanitäter, Menschen, die helfen wollen, Journalist*innen.
Der erste Angriff tötete Hossam al-Masri, einen Reuters-Mitarbeiter, als er gerade seine Kamera aufstellte.
Der zweite Angriff, der in einer Live-Übertragung festgehalten wurde, tötete die Journalistin Mariam Abu Daqqa (Associated Press-Mitarbeiterin) und die Journalisten Mohammed Salama (Al Jazeera) und Moaz Abu Taha auf der Stelle. Ein fünfter Journalist, Ahmed Abu Aziz (Quds Feed), wurde zunächst verwundet, starb aber kurz darauf an seinen schweren Verletzungen.
Dies ist nicht das erste Mal, dass Israel in Gaza den „Doppelschlag“ einsetzt. Ende Juli enthüllte der Investigativ-Journalist Yuval Abraham Israels systematischen und routinemäßigen Einsatz von Doppelschlägen, die insbesondere Ersthelfer und Menschen (Nachbar*innen, Familienmitglieder), die Verletzten zu Hilfe kommen wollten, töten (siehe „Double Tap“-Luftangriffe: Wie Israel Retter in Gaza ins Visier nimmt).
Arwa Damon, ehemalige CNN-Korrespondentin und heute Leiterin einer Hilfsorganisation, berichtet:
„Ich habe während meiner früheren Zeit bei CNN im Irak über den „Doppelschlag“ berichtet. Er wurde häufig von Al-Qaida, ISIS und anderen militanten Gruppen eingesetzt. Auch das Assad-Regime und die Russen in Syrien sowie kürzlich Russland in der Ukraine haben ihn sehr häufig angewendet.“




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