„Auch nach dem nun eingetretenen Waffenstillstand werden Kinder im Gazastreifen weiterhin an Unterernährung sterben“, berichtet Dr. Louisa Baxter, eine britische Ärztin, die derzeit in Deir al Balah im Zentrum des Gazastreifens stationiert ist, wo sie das medizinische Team von Save the Children leitet. Sie ist Ärztin für Medizin und öffentliches Gesundheitswesen und verfügt über mehr als siebzehn Jahre Erfahrung in der medizinischen Versorgung von marginalisierten Bevölkerungsgruppen in Großbritannien und weltweit.
In einem Interview mit dem Channel4News-Moderator Matt Frei berichtet sie, wie das Leben der Kinder in Gaza nach dem Waffenstillstand aussieht:
„Es gibt Millionen von Tonnen an Schutt, alles ist zerstört, es gibt keine Bäume mehr. Man sieht überall Zelte mit Kindern, die jetzt, nach fünfzehn Monaten Blockade, oft sehr abgemagert sind. Wir gehen davon aus, dass etwa 17 000 Kinder ihre Familien verloren haben und unbegleitet sind. Wir sprechen von einem völlig zerstörten Gesundheitssystem, soweit mir bekannt ist, sind nun weniger als die Hälfte aller Krankenhäuser funktionsfähig, und das auch nur teilweise. Es gibt keinen Strom. Keinen Treibstoff. Wir sind nicht in der Lage, Generatoren zu betreiben. Wir sind nicht in der Lage, Intensivstationen für Kinder zu betreiben. Einige Kinder werden nie wieder zur Schule gehen können. Alle Schulen sind zerstört worden. Wenn der Waffenstillstand hält, was wir selbstverständlich fordern, wird es vielleicht keine weiteren Todesfälle durch Bombardierungen geben, aber die Kinder werden weiterhin an Unterernährung, Wassermangel und fehlenden Impfstoffen sterben. Im Moment gibt es nur sehr wenig, zu dem man zurückkehren kann.“
Und wer wird sich um diese Kinder kümmern, 17 000 Waisenkinder, wer wird sich um diese Kinder kümmern? Wo wird man sich um sie kümmern? Werden sie irgendwo eine Unterkunft finden?
Es ist sehr wahrscheinlich, dass 17 000 eine massive Unterschätzung ist. Es gibt Kinder, die von Großfamilien aufgenommen wurden. Wissen Sie, wir haben in unserer Klinik junge Mädchen und Buben, manche im Alter von vierzehn oder fünfzehn Jahren gesehen, die mit ihren zwei- oder dreijährigen Brüdern zu uns kamen und nun die Führung der von Kindern geführten Haushalte übernommen haben. Es gibt Kinder, die von Mitgliedern der Gemeinschaft betreut werden. Aber das gesamte Schutzsystem ist zusammengebrochen. Und hier versuchen Organisationen wie Save the Children einzugreifen, um Stabilität und Sicherheit sowie kindgerechte und kinderfreundliche Räume für Kinder wie diese zu schaffen. Eines der Dinge, die mir als Ärztin in diesem Zusammenhang am meisten aufgefallen sind, ist, dass jedes Kind, das in unsere Klinik kommt, egal ob es unterernährt, dehydriert oder verletzt ist, einen Blick der Verzweiflung hat... eine Stumpfheit, eine Apathie...
…eine Teilnahmslosigkeit?
... ausgelöst von den letzten Monaten. Eine innere Teilnahmslosigkeit, ausgelöst von den letzten fünfzehn Monaten, davon, dass ihnen ihr ganzes Leben genommen wurde. Das psychologische Trauma für diese Kinder und ihre Familien wird also enorm sein.
Und vermutlich gibt es noch viele, viele Kinder, die unter den Trümmern begraben sind?
Die Zahlen, die uns im Moment vorliegen, sind nicht akkurat, aber wir wissen, dass es Kinder gibt, die nie mehr mit ihren Eltern wiedervereint werden.
Und es gibt Kinder, die nie mehr wieder gefunden werden.

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